(hotel-standby) Sie hat sich Zeit gelassen, die Schwäbische Alb. Rund 200 Millionen Jahre reicht ihre Geschichte zurück, bis in eine Periode, in der Europa vom Jurameer bedeckt war. Das Wasser formt die Alb bis heute, an der Oberfläche und tief unter der Erde
Es ist kühl hier. Ein dichtes Blätterdach und eine hohe Felswand schirmen die Sonne ab. Wie in einer Prozession spaziere ich mit vielen anderen Menschen um den türkisfarbenen Blautopf, eine der bekanntesten Sehenswürdigkeiten auf der Schwäbischen Alb. Die Wasseroberfläche selbst scheint ruhig. Nur der konstante Überlauf an der Beckenseite verrät, dass es sich hier um eine Quelle handelt. Das Wasser rauscht kurz der Stadt Blaubeuren entgegen, wird von einem Becken aufgefangen und macht sich dann als Fluss Blau auf den Weg nach Ulm.
Ich lehne mich an den Holzzaun und starre geistesabwesend an den Grund der Quelle, an dem tiefgrüne Pflanzen in der Strömung wiegen. Vor meinem geistigen Auge werden die Kaltwasserpflanzen von prächtigen bunten Korallen ersetzt, das Gestein von Sand und die Umgebung wird in ein Meer getaucht. Genau zu dieser Zeit vor 200 Millionen Jahren ist vielleicht eine Schule von Ichthyosauriern hier entlang geschwommen, 20 Meter lange, delphinartige Dinosaurier mit langen Schnauzen, und haben spielerisch ein paar Ammoniten angestupst.
Die Traumstrände der Alb
Die Geschichte der Schwäbischen Alb begann mit dem Wasser. Vor etwa 200 Millionen Jahren war der Großteil Europas vom Jurameer bedeckt. Bis zur Kreidezeit, also etwa 60 Millionen Jahre lang, lebten und verendeten in ihm Saurier, Ammoniten, Seelilien und Korallen.
Die Zeitspannen sowie die währenddessen entstandenen, mächtigen Gesteinsschichten werden in der Alb Schwarzjura, Braunjura und Weißjura genannt. Während des Schwarzjuras, etwa vor 200 bis 178 Millionen Jahren, war das Meer tropisch warm und von weitläufigen Stränden und Palmen gesäumt, unter anderem dort, wo heute Regensburg steht. Während des Braunjuras war das Meer kühl, gerade mal um die 15 °Celsius warm, zu kalt für Korallen und andere tropische Lebewesen. Aus dem Weißjura, wieder einer tropischen Zeit, stammt die mächtigste Kalkablagerung, sie macht bis zu 550 Meter des 1.000 Meter hohen Mittelgebirges aus.
Neidlinger Wasserfall
Ich bewege meine Zehen im eiskalten Wasser und blicke die Stufen des Neidlinger Wasserfalls hinauf. Welche Kraft das Wasser hier entfaltet. Hier ist es, anders als in einem seicht sprudelnden Topf oder in einer stillen Hüle – einer Wasseransammlung über einer wasserstauenden Schicht – wild und spielerisch. Wo die Lindach den Felsen verlässt, kann ich nicht sehen. Ihre beiden Quellen liegen 20 Meter über dem Wasserfall, verborgen von Ästen. Anders als in Blaubeuren habe ich das Wasserspektakel ganz für mich allein, nur eine Wanderin kommt mir auf dem Waldweg entgegen, der sich nach wenigen Metern einer bunten Streuobstwiese ergibt.
Ein langer Prozess
Die meisten Alb-Wasserfälle befinden sich am Albtrauf im Nordwesten der Schwäbischen Alb. Das hängt mit tektonischen Prozessen zusammen, die nun auch noch ins Spiel kommen. „Durch das Aufreißen des Oberrheingrabens vor Millionen von Jahren hat sich die Alb verkippt und ein Gefälle von Nordwest nach Südost gebildet. An der dadurch steileren Nordwestseite des Mittelgebirges tritt das Wasser in Wasserfällen aus dem Gestein aus,“ erklärt Sandra Teuber, Geografin und Geschäftsführerin des UNESCO Global Geopark Schwäbische Alb.
Der Geopark erstreckt sich über die gesamte Schwäbische Alb. Sandra Teuber und ihr Team betreuen Schauhöhlen, Museen und Naturschutzzentren, sie erstellen Entdeckerkarten und spannende Touren, zeichnen geologische Highlights aus und bemühen sich um einen nachhaltigen Tourismus in der Region. Ein UNESCO Global Geopark ist die Schwäbische Alb seit 2015. Dieses seltene Siegel verdankt sie nicht zuletzt ihrer einzigartigen Karstlandschaft.
Tief unter der Oberfläche
Trotz der Wasserfälle, Quellen und Hülen gibt es auf der Schwäbischen Alb nur sehr wenig Oberflächenwasser. Das liegt an der kalkhaltigen oberen Gesteinsschicht, erklärt Sandra Teuber. „Die Alb ist von Rissen und Spalten durchzogen“, beginnt sie, „das Regenwasser wäscht den Kalkstein des Weißjura Stück für Stück aus und hat innerhalb von Millionen von Jahren ein Unterwassersystem geschaffen, das stetig weiter wächst. Dadurch sind 2.800 uns bekannte Höhlen entstanden und Unterwasserkanäle, die das Wasser in die Töpfe, Wasserfälle und Flüsse leiten.
Das bekannteste Beispiel für einen unterirdischen Kanal ist in Immendingen zu sehen. Denn dort wird aus der reißenden Donau ein Rinnsal. “Der Fluss verschwindet – das Wasser versickert oder versinkt – und die Donau kommt erst ein paar Kilometer weiter wieder zum Vorschein”, erzählt Sandra Teuber begeistert.
In der Nebelhöhle in Sonnenbühl bewundere ich die bunt beleuchteten, uralten und zum Teil riesengroßen Stalaktiten und Stalagmiten. Es ist nass in der Höhle. In jedem Tropfen, der sich wie auf magische Weise an der Höhlendecke bildet, wird ein wenig Kalk transportiert, der sich vor dem Herunterfallen oder beim Aufkommen vom Wasser löst und die Kalkgebilde unsichtbar für das Auge weiter wachsen lässt. Und wieder ist es das Wasser, das den Kalk aus dem Gebirge löst und ihm hier eine neue Gestalt verleiht.
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Quelle und Bild: Tourismus Marketing GmbH, 23.08.2022
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